Von der Hand einer künstlichen Intelligenz geschaffene Musik verbreitet sich in rasantem Tempo auf Streaming-Plattformen wie Spotify. Was zunächst wie
ein faszinierendes technologisches Experiment wirkte, wird zunehmend zu einem Problem – zumindest für jene, die Musik noch als Kunst und nicht als
algorithmisches Füllmaterial betrachten.
Eine Überflutung durch künstliche Kreativität
Spotify, eine der größten Plattformen für Musikstreaming weltweit, wird von Titeln überschwemmt, die nicht von menschlichen Musikern, sondern von
Algorithmen generiert wurden. Solche Tracks, oft unter generischen Künstlernamen wie "Chill Beats Collective" oder "Relaxing Piano Ambience" veröffentlicht,
richten sich gezielt an Nutzer, die Playlists für konzentriertes Arbeiten, Meditation oder einfach als Hintergrundrauschen suchen.
Diese Künstler sind in Wahrheit keine Personen, sondern Marken, die von KI-generierten Kompositionen profitieren. Unternehmen wie Endel oder AIVA
entwickeln diese Musik mithilfe fortschrittlicher Algorithmen und platzieren sie strategisch auf Plattformen, um Einnahmen aus Streams zu generieren.
Spotify selbst scheint diese Entwicklung nicht nur zu tolerieren, sondern aktiv zu fördern, indem es solche Tracks prominent in kuratierten Playlists platziert.
Wo bleibt die Kunst?
Die größte Kritik an KI-generierter Musik liegt in ihrem Mangel an Authentizität und künstlerischem Ausdruck. Musik, die von Menschen geschaffen wird,
erzählt Geschichten, transportiert Emotionen und spiegelt oft die Erfahrungen und Gefühle der Künstler wider. KI-Tracks hingegen entstehen durch die Analyse
und Nachahmung bestehender Werke. Sie sind effizient, vorhersehbar und – je nach Perspektive – emotionslos.
Darüber hinaus stellen diese generischen Produktionen eine Bedrohung für echte Musiker dar. Indem Plattformen wie Spotify diese Inhalte bevorzugen, werden
unabhängige Künstler und Bands in den Algorithmus-Hierarchien nach unten verdrängt. Dadurch erhalten sie weniger Sichtbarkeit und können kaum mit den nahezu
unendlichen KI-Kapazitäten konkurrieren.
Namenhafte Beispiele: „Pseudokünstler“ auf dem Vormarsch
Einige der bekanntesten Namen in dieser neuen Musikära sind keine Musiker, sondern Marken:
- Endel, ein KI-gesteuertes Unternehmen, das sich auf generative Soundscapes spezialisiert hat.
- Moodrise, ein Projekt, das emotionsgesteuerte Playlists basierend auf KI-Technologie erstellt.
- White Noise Artists, unter denen sich oft unzählige anonymisierte KI-Produktionen verbergen.
Diese Projekte haben mit echtem Musikhandwerk wenig zu tun, dominieren jedoch Playlists und generieren Millionen an Streams.
Spotify und die monetären Anreize
Warum unternimmt Spotify nichts gegen die Flut solcher Inhalte? Die Antwort liegt in den Geschäftsmodellen der Streaming-Plattformen. KI-generierte Musik
ist billig zu produzieren und lässt sich leicht lizenzieren. Zudem fließen Einnahmen aus Streams größtenteils zurück zu Spotify oder den Partnerunternehmen,
anstatt an unabhängige Musiker.
Kritiker vermuten sogar, dass Spotify selbst von dieser Entwicklung profitiert, da KI-Tracks weniger rechtliche oder künstlerische Hürden mit sich bringen.
Gleichzeitig bleibt die Plattform als "neutrale" Infrastruktur-Anbieterin außen vor, während sie hinter den Kulissen möglicherweise aktiv mitentwickelt.
Eine Frage der Zukunft
Die Ausbreitung von KI-generierter Musik wirft tiefgreifende Fragen für die Zukunft der Musikindustrie auf:
Kann und sollte Musik komplett automatisiert werden?
Wie können Plattformen reguliert werden, um den fairen Wettbewerb zwischen KI-Inhalten und menschlichen Künstlern zu gewährleisten?
Werden Konsumenten weiterhin zwischen authentischer Musik und algorithmischer Ware unterscheiden können – oder wollen sie es überhaupt?
Klar ist: Wenn Plattformen wie Spotify nicht handeln, riskieren sie, den Wert von Musik auf reinen Konsum und Hintergrundrauschen zu reduzieren. Musik
sollte jedoch mehr sein – eine Kunstform, die nicht nur unser Gehör, sondern auch unsere Seele berührt.